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Zwischen Wahnsinn und Erwartung - wie viel anders ist normal?

Ausgeschöpft, erschöpft, Hoffnung schöpfend

“Ich bin wie dieser Topf Hühnersuppe,” sage ich stirnrunzelnd. “Einfach leer.”
“Dann warst du sehr lecker,” sagst du und lächelst mich ermutigend an. “Nuja, den Rest hab ich ins Klo gekippt. Es war viel zu viel. Also bin ich vielleicht doch nicht so wie dieser Topf,” gebe ich zu bedenken, “jedenfalls nicht mit Hühnersuppe. Sondern eben ohne und ohne seine Geschichte. Mit meiner eigenen Geschichte also.” Du schmunzelst aber sagst nichts.
“Ich hab einfach immer und immer weiter daraus geschöpft aber am Ende war die Kelle schon leer.” Ich seufze.

Du guckst einfach nur und antwortest nicht. Ich wüsste auch nicht, was ich an deiner Stelle sagen sollte. Mach doch mal ne Pause, vielleicht. Aber das wäre auch nur wenig Wasser auf sehr heiße Steine. Ein Bisschen hektisches Zischen und heißer Dampf, mehr käme da nicht rum. Die Pause die ich brauche ist nicht draußen sondern drinnen. Alles muss in Bewegung sein, immer in Bewegung bleiben. Langsamkeit tut mir weh. Nur noch das fertig machen und das, vielleicht noch schnell…

Und dann im Bett liegen und wegknicken. Einschlafen bevor die schnellen Gedanken kommen, die “ich bin nicht genug und muss noch mehr” Gedanken, die nicht wahr sind. Dass sie nicht wahr sind hat ihnen aber keiner gesagt und sie hören mir erschreckend wenig zu. Und mein armes Herz, dass jedes Mal gleich anfängt noch ein Bisschen schneller zu schlagen und irgendwie heiß, so heiß wie der Kloß im Hals?

Lieber nicht. Lieber einfach so lang bewegen, dass ich schon schlafe, bevor die Gedanken zu denken anfangen können, ja. Nicht darüber nachdenken, dass ich mich bei irgendwem melden müsste, sollte, könnte. Nicht darüber nachdenken, wo ich spät dran bin oder schon besser und sicherer Bescheid wissen müsste.

Abends noch kurz, ganz kurz stolz darauf sein, was ich heute wieder alles geschafft hab und mir überlegen, was am nächsten Tag dran ist. Winzig kleine Minikiesel ins Getriebe werfen, die den nächsten Tag ein Bisschen entschleunigen, ganz langsam, Momente in denen ich innehalten und nachgucken muss, was im Hier und Jetzt gerade so passiert, damit ich mich in meinem Gewusel nicht selber vergesse, nicht mich und nicht die Kinder und nicht das jedentagprogramm, das einfach nicht in Fleisch und Blut übergehen will.

Minikiesel so wie diese Buchstaben hier und dieses Gespräch mit dir, während ich noch einen Nagel im Mund hab, der in meinem Bett lag, von den Möbelaktionen der letzten Tage. Das Gespräch mit dir. Der lächelnden Person die zuhört und mit mir stolz drauf ist, was ich so geschafft hab und sehr, sehr gut versteht, dass all die Bewegung gerade gut ist und notwendig, auch wenns nicht so ganz gesund und perfekt ist und bestimmt noch besser geht.

Ja diese Buchstaben und diese Töne und dieser Moment voll warmem “Gut genug!” dass eine winzig kleine Pause bricht in meinen Schnellstrom der Tage und Wochen und Monate, die vergehen müssen, weil sie vergehen müssen, weil Tage das eben tun, und ich dazwischen, niemals fertig werdend, immer noch das nächste und das nächste. Wellenbrecher, die da immer sind, die wenn ich mich an diese Zeit aus Farben und Tönen und ‘Wow, das war ganz schön viel wieder’ erinnere aufleuchten und sagen ‘Guck, war auch schön. Machs dir schön zwischendurch und guck auf das, was wichtig ist, auf kleine Momente, auf okaysein, auf ich weiß, dass ich dem Dunklen gar nicht alles glauben muss.’

Dafür ist das wichtig, dir zuzuhören, auch wenn du gar nichts sagst.
“Ja, stimmt,” sagst du. “Gut nachgedacht.”
Ich winke meinem Spiegelbild kurz zu, dann muss ich schon wieder die Kinder ins Bett schicken und noch kurz dies und kurz das und dann Kieselsteine sammeln – für morgen.

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