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Zwischen Wahnsinn und Erwartung - wie viel anders ist normal?

Verflixt knifflige Zeit

Zeit ist eine so verflixt knifflige Angelegenheit.

Du glaubst immer, du hast wahnsinnig viel davon, und plötzlich ist sie um.

Du hast Zeit, ein verantwortungsbewusster Mensch zu werden oder aber um verrückte Dinge anzustellen.
Du kannst etwas riskieren oder aber auf die Dinge aufpassen, die du bereits hast. Du kannst in die Gesellschaft passen oder auf ewig die Außenseiterrolle genießen.

Du kannst versuchen, die Menschen, die du liebst, glücklich zu machen – es wird dir nur selten gelingen.

Du kannst Erwartungen erfüllen. Deine, die deiner Familie, die von fremden Personen oder die der Gesellschaft
Schwierig wird es dann, wenn sie verschieden sind.

Du kannst dich auf den Kopf stellen oder mitten im Leben stehen und alles ausbalancieren – alles kannst du tun, aber die Zeit, die läuft weiter.

Und da ist ein Timer, der irgendwann bei Null ankommt – eine Uhr, sie tickt im Rhythmus deines Herzschlages, sie tickt und tickt und tickt – auch dann wenn du sie nicht hörst – und Niemand, Niemand weiß, wann die Zeit um ist, man kann nicht nachsehen, wie lang sie noch beständig tickt und dich in dem Irrglauben von Sicherheit lässt.

Und alles in unserer Welt, einfach alles könnte jederzeit die Batterien aus dieser Uhr nehmen, alles kann deine Uhr anhalten.

Und vielleicht hast du dann nicht mal mehr die Chance zu bemerken, dass deine einzige beständige Ressource, das Ticken der Uhr, zur Neige gegangen ist.

Wie viele Texte dieser Art gibt es schon? Zeilen die du liest und wieder vergisst, weil sie unangenehme Fragen aufwerfen.

Wenn ich jetzt sterben würde, wäre ich glücklich über die Erfahrungen, die ich gemacht habe, oder würde ich die Erfahrungen bedauern, die ich nicht machen konnte, weil ich dem Ticken vertraut habe?

Du nimmt dir also zum x-ten Mal vor, jeden Tag zu leben als wäre es dein letzter – ab morgen, denn heute ist es schon zu spät, hörst dem Ticken nicht mehr zu, und versuchst irgendwessen Erwartungen gerecht zu werden während du auf dem Kopf stehst um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Und du verzweifelst an Gedanken, ich nenne sie Sternträume, die nicht näher kommen, sondern immer, immer weiter weg rutschen.

Badabum, badabum.

Sekunde für Sekunde rutschen sie weiter in das schwarze Nichts, das man höchstens nachts erahnen kann, zwischen all den funkelnden Lichtern am Himmelszelt.

Und manchmal hältst du inne, legst dich auf den Rücken, weil dein Kopf vom vielen Kopfstand schmerzt, als hätte jemand von innen Kieselsteine in deine Augen gepresst und deine Beine so schrecklich schwer geworden sind, dass sie unmöglich länger der Schwerkraft trotzen können.

Dann liegst du auf dem Rücken und siehst deine Sternenträume an und willst am liebsten sofort genau dorthin fliegen …

Drehst deinen Kopf zur Seite und machst dich über die Idioten lustig, die auf ihren Händen laufen und greifst in die Leere über dir, weil dir endlich wieder einfällt, was du früher schon mal wusstest – wenn deine Beine tatsächlich auf dem Boden stehen, dann ist dein Kopf dem Himmel etwas näher – und vielleicht kommst du an die Sternträume heran, die immer noch im ewigen Schwarz ihre Runden drehen.

Oh, wenn dir das nur früher eingefallen wäre!

Dann hättest du dich auf die Beine stellen und danach greifen können, aber jetzt, jetzt sind sie so schwer – und der Schmerz in deinem Kopf lässt die Welt verschwimmen – und du hörst nur noch Rauschen, und das Ticken, das Klopfen, badabum, badabum, deine Hände greifen immer noch ins Nichts, und deine Sternträume sind so unendlich weit weg – du willst etwas greifen, du greifst nach irgendetwas, dass du fühlen kannst …

Und dann hältst du am Boden fest, und plötzlich stehst du wieder auf dem Kopf, und du freust dich so sehr darüber, dem Boden wieder nah zu sein, dass du ganz vergisst, wie sehr du dich gerade noch nach den Sternen gesehnt hast.

Du hörst das Klopfen. Badabum, badabum.

Und du denkst:

Es tickt.
Es tickt und tickt und tickt – und du bist ganz ruhig.
Denn auf das Ticken kannst du dich Verlassen.

Dabei ist Zeit doch so eine knifflige Angelegenheit…

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